Die Feuerherren 1680 – 1925
1680 wurde in den lippischen Bauerschaften das Amt der Feuerherren geschaffen. Ihre Aufgabe war es, leichtsinnigen Umgang mit offenem Feuer oder Licht zu verhindern, regelmäßiges Kehren der Schornsteine zu veranlassen und bei Bränden die Bekämpfung des Feuers zu leiten.
Das Amt der Feuerherren war jedoch anscheinend nicht sehr begehrt, denn schon wenig später wurde verordnet, dass jeder Feuerherr sein Amt nur zwei Jahre auszuüben habe und es danach auch erst nach sechs Jahren wieder annehmen müsse.
Doch auch der Erfolg der Feuerherren scheint eher gering gewesen zu sein, denn immer wieder wurden „Verordnungen wegen sorgfältiger Bewahr- und Inachtnehmung Feuers und Lichts“ erlassen.
In der von Graf Simon Henrich Adolph 1719 erlassenen Verordnung wegen Feuersgefahren heißt es unter anderem: „ … dass unsere fortfahren, ohne Laternen und Leuchten bloße Lichter und Lampen in Ställen, wie auch auf den Heuboden, Flachskammern und deren Bearbeitung ganz ungescheut gebrauchen, item das Tobackrauchen auf denen Dreschdehlen, in denen Scheunen, wo sonst Stroh und leicht Feuer ergreifende Sachen befindlich, nicht nur continuieren, sondern sich auch gegen die Visitationen ganz trotz- und widerspenstig zeigen“.
Die Verordnung schließt mit der Verwarnung, dass künftig bei fahrlässigen und vorsätzlichen Verstößen „derselbe alsdann nicht allein mit scharfer Geldbuße belegt, sondern auch nach Befinden mit Leib und Leben gestrafet werden“ solle.
Doch auch in Lieme blieb der gewünschte Erfolg der Verordnung aus. Anna Maria Mertens aus Lieme wurde 1745 bestraft, weil sie „bei offenem Licht geracket“ (Flachs gebrochen) hatte.
Krüger Nieweg und Bauerrichter Deppe erhielten 1749 Geldstrafen, weil sie „geuchtet“ (zu früh morgens mit der Arbeit begonnen) und Flachs „bei offenem Licht“ bearbeitet hatten.
Durch die „Feuerordnung für das platte Land“ von 1756 wurde eine Neuordnung und Verbesserung des Feuerlöschwesens in die Wege geleitet. Darin wurde vorgeschrieben, dass alle Einwohner „sich mit einem Eimer zu versehen“ hätten, der „an einer beständigen Stelle aufzuhängen sei, damit er im Notfall ohne langes Suchen sofort gefunden werden“ könne.
Den Bauerschaften schrieb die Verordnung vor, dass sie
1 Schlangenspritze,
2 große, mit eisernen Spitzen versehene Feuerleitern,
mehrere lange und kurze Feuerhaken (zum Abreißen brennender Strohdächer),
6 hölzerne Handspritzen und
ein paar große Schlaglaken (zum Eindämmen kleinerer Brandherde)
bereitzustellen und vier Feuerherren einzusetzen hätten.
In Lieme waren zwei Feuerherren für den Dorfkern, einer für den Wohnplatz Hengstheide und einer für die Wohnplätze Rhiene, Strang und Wittighöferheide zuständig.
Die Feuerherren erhielten ein Drittel der eingehenden Strafgelder wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen der Feuerordnung und das scheint zu der Zeit recht rentabel gewesen zu sein.
Die Anschaffung der hölzernen Schlangen- und Handspritzen scheint wenig Erfolg gehabt zu haben, denn sie wurden nur unregelmäßig gewartet und versagten deshalb im Notfall sehr oft. Auch fehlte es an verantwortlichen und fachkundigen Feuerwehrleuten.
Auch nach Einrichtung der Pflichtfeuerwehren gab es die Feuerherren weiter. Die letzten vier Liemer Feuerherren (August Kirchhof und Simon Cöhring für den Dorfkern, August Tewes für die Hengstheide und Wilhelm Pohlmeier für Rhiene, Strang, Wittighöferheide und Liemergrund) wurden 1924 vom Gemeindeausschuss gewählt und blieben bis zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Lieme im Amt.
Die Pflichtfeuerwehr Lieme 1797 – 1925
1792 wurde der Versuch unternommen, das Feuerlöschwesen in Lippe zu modernisieren und zu verbessern. Mit Hilfe der Landesbrandversicherungsanstalt wurden leistungsfähigere Feuerspritzen angeschafft und den Bauerschaften kostenlos zur Verfügung gestellt. Hierfür mussten dann entsprechende Spritzengesellschaften gebildet werden.
Die Bauerschaft Lieme erhielt 1797 eine neue Spritze. Die seinerzeit eingerichtete „Sprützenstation Lieme“ war für die Bauerschaften Lieme, Leese, Hölsen und Papenhausen zuständig. Die Leitung dieser Pflichtfeuerwehr übernahm ein „Sprützenmeister“, welcher auch für die Überwachung der „Feuersprütze“ zuständig war, deren „Ausrüstung, Behandlung und Erhaltung“ 1801 in einer Verordnung geregelt wurde. Aufgrund der fehlenden Fachkenntnisse der Dorfbewohner wurde auf Landesebene ein Generalvisitateur oder Werksachverständiger berufen, der in jedem Frühjahr die Spritzen zu überprüfen und gegebenenfalls zu reparieren hatte. „Überhaupt“, so hieß es in der Verordnung, kommt es auf die Geschicklichkeit eines Spritzenmeisters sehr viel an; ist dieser ein einsichtsvoller Mann, so wird er nicht leicht bei Beachtung obiger Regeln in einem unerwarteten Fall in Verlegenheit geraten, sonder vielmehr die ihm anvertraute Spritze gut zu erhalten und zu gebrauchen wissen“.
Seitdem entwickelte sich die Spritzenstation Lieme zu einer gut organisierten Feuerschutzeinrichtung und erhielt später zu ihrer Spritze noch einen Zubringer und einen Schlauchwagen. Die Fahrzeuge wurden von Pferden gezogen, die die Liemer Vollspännerhöfe kostenlos zur Verfügung zu stellen hatten.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gliederte sich die Feuerwehr in drei Abteilungen:
Brandmeister |
Steigerabteilung | Spritzenabteilung | Hilfsmannschaften |
stellvertr. Brandmeister | Spritzenführer |
Steiger | Zubringerführer |
4 Feuermelder | Spritzenmänner |
Bis 1895 wurden die Spritzen und der Schlauchwagen auf nahegelegenen Bauernhöfen untergestellt. Für die Feuerhaken und –leitern wurde am Schäferberg ein Schuppen errichtet.
Auf Beschluss des Gemeindeausschusses wurden die letzten Leitern und der Schuppen 1923 als Brennholz verkauft und das Geld für soziale Zecke zur Verfügung gestellt.
1895 ließ die Gemeinde Lieme auf dem Driangel (heute Einmündung Bielefelder Straße/ Hangstein) ein Spritzenhaus in Fachwerkbauweise für die Feuerwehrfahrzeuge errichten. Es war allerdings von Anfang an zu klein und hatte keinen Schlauchturm, so dass Regierung und Landesbranddirektion schon zwei Jahre später auf einen Neubau drängten, für den die Gemeinde Lieme auf eigene Kosten einen Bauplatz zur Verfügung stellen sollte.
Daraus entbrannte ein über 30 Jahre dauernder Streit zwischen der Gemeinde einerseits und der lippischen Regierung und Landesbranddirektion andererseits.
Immer wieder versuchte die Regierung die Gemeinde zum Einlenken zu bewegen. Doch der Gemeindevorstand antwortete, „das Feuerwehrhaus sei groß genug und einen Schlauchturm könne man an der Westseite des Spritzenhauses anbauen. Außerdem
verfüge man über kein geeignetes Baugrundstück und beschaffen könne man auch keins“.
Die Regierung versuchte schließlich, die Gemeinde Lieme mit einer neuen Saug- und Druckspritze zu locken, sollte sie sich für den Neubau entscheiden, doch die Antwort war wieder negativ: „Auf die Spritze könne man verzichten. Die vorhandene Spritze mit Zubringer sei wesentlich leistungsfähiger als eine Saug- und Druckspritze. Im übrigen fehle es an einem Baugrundstück“.
Am Abend des 14.09.1898 kam die Pflichtfeuerwehr Lieme zum größten Einsatz ihrer Geschichte, als sie gemeinsam mit den Feuerwehren von Lemgo, Detmold und Lage zur Bekämpfung eines Großbrandes in der Altstadt von Lemgo gerufen wurde. 15 Gebäude in der Mittel-, Echtern- und Neuer Grabenstraße fielen diesem Brand zum Opfer.
Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Pflichtfeuerwehr Lieme sind die Ereignisse, die sich anlässlich eines Brandes des Neuen Kruges in Lemgo, Herforder Str. 177 (heute „Zum Landsknecht“) zutrugen. Mehrere Feuerwehrleute sollen furchtbar betrunken gewesen sein und gestohlen haben. Diese Vorwürfe konnten jedoch weder bewiesen noch entkräftet werden.
Als während des 1. Weltkrieges eine große Zahl Feuerwehrmänner eingezogen wurde, wählte man in Lieme einen eher unkonventionellen Weg, um den Feuerschutz aufrecht erhalten zu können. Man warb 13 Frauen als Freiwillige für die Spritzenmannschaften und 3 Senioren als Steiger an. So blieb die Feuerwehr Lieme auch während der Kriegsjahre einsatzfähig.
Von den Brandmeistern der Pflichtfeuerwehr Lieme sind leider nur wenige Namen bekannt:
Fritz Brink, Zimmermeister 1890 – 1900
Christoph Strunk, Landwirt 1900 – 1912
Hermann Adam, Zimmermeister 1912 – 1925.
Die Freiwillige Feuerwehr Lieme
Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Pflichtfeuerwehren vielfach in Freiwillige Feuerwehren umgewandelt, da die Dienstpflichtigen ihre Aufgaben oftmals nur nachlässig und widerwillig absolvierten.
So auch in Lieme am 01.05.1925. Die Freiwillige Feuerwehr bestand aus
dem Brandmeister und seinem Stellvertreter 2
der Steigerabteilung mit 10 Mitgliedern
der Spritzenabteilung mit 17 Mitgliedern
der Zubringerabteilung mit 15 Mitgliedern
und dem Ordnungsdienst mit 19 Mitgliedern
Hermann Adam, der die Pflichtfeuerwehr bis dahin geleitet hatte, wurde Wehrführer und setzte sich engagiert für eine bessere Ausstattung der Feuerwehr und den Bau eines neuen Feuerwehrhauses ein. Zunächst ohne größeren Erfolg, doch im Sommer 1928 beunruhigte eine Serie von Brandstiftungen die Bewohner des Dorfes.
Im Abstand von jeweils vier Wochen fielen dem unbekannten Täter ein Stallgebäude, ein Wohngebäude und die Gaststätte Steinmeyer zum Opfer. Insbesondere bei dem Brand der Gaststätte Steinmeyer erwies sich die damals noch junge Freiwillige Feuerwehr als sehr leistungsfähig und wenn die Polizei den Täter auch nicht fassen konnte, so führte dieses Ereignis doch zu einem Meinungsumschwung, was die Frage des Neubaus eines Spritzenhauses betraf.
Im Oktober 1928 teilte Landrat Becker der Gemeinde Lieme mit, das Brandmeister Adam bereits mehrfach den Neubau eines Spritzenhauses mit Trockenturm beantragt habe und stellte eine Genehmigung in Aussicht, wenn die Gemeinde Lieme einen geeigneten Bauplatz zur Verfügung stelle.
So wurde der Gemeindevorstand beauftragt, ein geeignetes Grundstück zu kaufen.
Man verhandelte mit dem Fahrradhändler Droste, der die Abgabe einer Fläche an der Südwestecke seines Gartens jedoch ablehnte. Stattdessen bot er seine Parzelle auf dem Rübengarten (heute Bielefelder Str. 100) an, welche dem Gemeindeausschuss aber zu groß war.
Schließlich gab Droste dann doch eine Fläche von 150 m² von seinem Garten ab. Der Platz war ideal für die Feuerwehr, da von dort aus im Falle eines Brandes zwei Drittel des Dorfes mit Wasser versorgt werden konnte.
Auf diesem Grundstück nahe der Kirche wurde dann also 1929 das heute noch stehende (damalige) Feuerwehrhaus mit Trockenturm errichtet und mit einem großen Feuerwehrfest eingeweiht.
1942 wurde zur Sicherung des Feuerschutzes eine Jugendfeuerwehr gegründet. So war die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr auch während des 2. Weltkriegs gegeben.
Außerdem wurde ein Anhänger mit Tragkraftspritze angeschafft, da diese weniger Personal benötigte als die alte Saugdruckspritze mit Zubringer.
Doch der mit Holzrädern bestückte Anhänger musste bei jedem Einsatz erst von den Wehrmännern u dem jeweiligen Einsatzort gezogen werden und so schaffte die Gemeinde Lieme 1950 einen alten PKW als Zugfahrzeug an.
Mit der Großgemeindebildung 1969 verlor die Freiwillige Feuerwehr Lieme nach 44- jährigem Bestehen ihre Selbständigkeit. Insgesamt 5 Brandmeister hatten sie bis dahin geführt:
1925 – 1937 Hermann Adam
1937 – 1940 Gustav Schäfer
1940 – 1946 Fritz Wieseler
1946 – 1952 Gustav Petersen
1952 – 1969 Werner Dröge.
20 Wehrmänner der Freiwilligen Feuerwehr Lieme traten geschlossen nach Lemgo über und bilden seitdem die Löschgruppe Lieme.
Das neue Feuerwehrgerätehaus mit Einstellplätzen für zwei Löschfahrzeuge, einem Versammlungsraum, Umkleidemöglichkeiten und einer Dienstwohnung wurde im Sommer 1983 fertiggestellt.
(Quelle: F. Starke – „Lieme – Eine Dorfgeschichte in Einzeldarstellungen“)