Am 19.01.1907 beantragte der Tischlermeister Friedrich Korf, Lieme Nr. 27 beim Gemeindeausschuss der Dorfgemeinde Lieme:

„Beabsichtige, eine Anlage eines elektrischen Werkes auf Nr. 27 hierselbst anzulegen-, ich bedarf nun, um auch anderen Liemer Bewohner elektrische Kraft abgeben zu können, oberirdische Leitungen über Gemeindeweg; beantrage daher, mir die Genehmigung hierzu zu erteilen mit der Bedingung, dass kein zweiter innerhalb von 20 Jahren eine derartige Anlage mit oberirdischer Leitung über Gemeindewege anlegen darf“.

Nach Genehmigung seines Antrags errichtete Korf auf seinem Grundstück eine kleine dampfbetriebene Turbine. Zur Anlage eines oberirdischen Stromnetzes kam es indes nicht, vermutlich weil die hierfür notwendigen Investitionen die finanziellen Möglichkeiten des Tischlermeisters überstiegen.

1909 beschloss der Rat der Stadt Lemgo, ein eigenes Elektrizitätswerk zu bauen, in dessen Leitungsnetz auch das Dorf Lieme einbezogen werden sollte.


Der Gemeindeausschuss stimmte diesem mit der Einschränkung zu, dass der Dorfgemeinde Lieme durch den Bau der Elektroleitungen keinerlei Verbindlichkeiten entstehen dürften.

1911 nahm das E- Werk in Lemgo seinen Betrieb auf. Zur Anlage der Überlandleitungen stellte die Gemeinde Lieme zwei Bauplätze für Transformatorenhäuschen zur Verfügung, eines „In der Ecke“, am Hof Führing, das andere an der Begabrücke, am Südwestausgang des Dorfes.


Die Installation einer Straßenbeleuchtung wurde aufgrund der Kosten in Höhe von 500 Mark zunächst zurückgestellt.

Die Elektrifizierung des Dorfes zog sich über Jahre hin, da viele Einwohner der neuen Technik zunächst misstrauisch gegenüberstanden.


Erfolgte ein Stromanschluss, dann wurde das elektrische Licht zunächst nur in den Wohnküchen und auf der Deele installiert.

Die öffentlichen Gebäude erhielten erst sehr viel später eine elektrische Beleuchtung: 1921/ 22 die Volksschule, 1925 das Feuerwehrhaus und 1927 die Nebenlehrerwohnung.

Im März 1925 beantragte August Rieke, Schuhmachermeister und Gemeindeausschussmitglied, die Gemeinde möge im Dorfkern eine elektrische Straßenbeleuchtung installieren lassen. Der Antrag wurde zunächst zurückgestellt und Rieke damit beauftragt, mit den Fachleuten des E- Werks in Lemgo über Kosten und technische Notwendigkeiten einer solchen Maßnahme zu verhandeln.

Im Dezember 1926 wurde eine Kommission gebildet, die feststellen sollte, wie die Anlage der Straßenbeleuchtung „am besten und am billigsten“ hergestellt werden könne. Gleichzeitig sollte durch eine Umfrage festgestellt werden, ob die Dorfbewohner mehrheitlich für oder gegen die Installation der Straßenbeleuchtung seien.


Die Umfrage ergab, dass sich die Mehrheit der Dorfbewohner für die Aufstellung elektrischer Straßenlampen aussprach und so wurde der Bau der Straßenbeleuchtung beschlossen, allerdings unter der Bedingung, dass die Anlagekosten 600 RM nicht überschreiten durften.


Diese Einschränkung erscheint aufgrund der seinerzeitigen finanziellen Lage der Dorfgemeinde Lieme zwar verständlich, machte die Aufstellung der Straßenbeleuchtung jedoch unmöglich, da eine derartige Anlage zu dem Preis nicht gebaut werden konnte. Und so stellte man das Projekt im November 1927 wieder einmal zurück.

Doch August Rieke gab nicht auf und schlug dem Gemeindeausschuss im Sommer 1928 vor, ein Volksfest mit Ball und Preisschießen zu veranstalten und dessen Überschuss für die Anlage einer Straßenbeleuchtung zu verwenden.


Dem stimmte der Ausschuss zu und das am 30.09.1928 veranstaltete Fest wurde ein großer Erfolg. Man erwirtschaftete einen Überschuss von 863 RM und beschloss, „nun an die Ausführung herantreten zu können, ohne der Dorfschaft besondere Kosten aufzuerlegen“.

Das E- Werk Lemgo legte einen Kostenvoranschlag in Höhe von 1.630 RM vor, von denen das E- Werk Lemgo 326 RM und die Gemeindekasse 442 RM übernahm. Der Rest floss aus dem Fest- Überschuss.


Im Spätherbst 1928 brannten dann erstmals 10 Straßenlampen im Dorf Lieme.

Aufgrund des Erfolgs des ersten „Lichterfestes“ veranstaltete man am 22.09.1929 ein weiteres Volksfest zugunsten der neuen Straßenbeleuchtung, das einen Überschuss von 466 RM einbrachte. So konnte die Straßenbeleuchtung im Dorfkern ohne einen Cent Steuergelder finanziert werden.

Schließlich ließen dann auch die Bewohner der Wohnplätze Rhiene, Strang und Wittighöferheide ihre Wohnhäuser durch das Elektrizitätswerk „Wesertal“ an das Stromnetz anschließen. Die Gemeindewege zur Aufstellung der Stromleitungsmasten wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

(Quelle: F. Starke – „Lieme – Eine Dorfgeschichte in Einzeldarstellungen“)